Manchmal gelingen bei einer Trauerfeier kleine und auch große Wunder – von einem dieser Wunder will ich heute erzählen: eine junge Frau kontaktierte mich, deren Baby kurz vor dem geplanten Geburtstermin gestorben war. Es war ihr zweites Kind, vom Vater war sie getrennt und aus Angst vor der Reaktion ihrer Eltern hatte sie niemandem außer ihrem Bruder von der Schwangerschaft erzählt. Die Großeltern erfuhren also erst beim Tod des Kindes von der Existenz der kleinen Enkeltochter.
In diese Familiensituation kam ich mit der Traueransprache hinein, und bei meinen letzten Worten, bevor wir die kleine Urne zum Grab bringen wollten, hatte ich das Gefühl, dass ich jetzt sagen müsse, wer die Urne vor der Beisetzung am Grab gerne noch anfassen möchte, solle das doch bitte sagen.
Dann kam der Weg zum Grab, der Friedhofsmitarbeiter voraus, die Familie und ich hinterher – und als wir am Grab angekommen waren, sagt plötzlich der Großvater der kleinen Anna (Name geändert), dass er die Urne gerne kurz halten würde. Dann nahmen nacheinander alle Trauergäste die kleine Urne in die Hand – und ich hatte Gänsehaut. Anna war von ihrer Familie angenommen. Alle hatten bezeugt, dass sie da gewesen war und dass sie für immer ein Teil der Familie sein würde.