Nun lebe ich so wie wir alle nun schon seit Wochen in diesem Ausnahmezustand. Ich habe Trauerfeiern im kleinsten Kreis begleitet und dabei viele Geschichten gehört. Geschichten wie diese:
„wir konnten uns nicht mehr verabschieden, weil wir seit Wochen nicht ins Pflegeheim durften, auch nicht in den Tagen der Sterbebegleitung“
„wir sind zu spät zu Vater ans Sterbebett gekommen, um wenige Minuten nur, weil wir noch die ganzen Hygienemaßnahmen durchlaufen mussten“
„ich war vor ein paar Tagen bei einer Beerdigung und das war das Unwürdigste und Traurigste, was ich bisher erlebt habe. Wir sind hinter dem Friedhofsmitarbeiter hergelaufen, die Urne wurde ins Grab gegeben und dann standen wir da. Dann hat halt der Sohn noch ein paar Worte gesagt.“
„wir warten auf jeden Fall mit der Beisetzung der Urne, auch wenn es noch Monate dauert, weil wir wollen, dass sich auch die Freunde verabschieden dürfen. Aber wie wir diese Zeit aushalten sollen, wissen wir nicht“
Was ich mir wünsche:
genug Zeit am Grab, um in Ruhe zu reden, Musik zu hören, Abschied zu nehmen
die Angehörigen sollen selbst entscheiden dürfen, wer zum engsten Kreis gehört und wen sie dabei haben wollen
Erhöhung der möglichen Teilnehmerzahl bei Beerdigungen und Urnenbeisetzungen auf 30 Personen, wenn alles draußen stattfindet – hier kann ja der Mindestabstand problemlos eingehalten werden, wenn die Familien sich nach gemeinsamen Haushalten zusammenstellen
wenn die Trauerhalle genutzt werden soll, dann muss nach Größe der Halle entschieden werden
Was ich als Trauerrednerin beitragen kann:
ich kann Wege aufzeigen, wie man sich nahe sein kann, ohne sich zu umarmen oder zu berühren, z.B. indem man sich zusammen das Lieblingslied des verstorbenen Menschen anhört, dabei die Augen schließt und eine Hand aufs Herz legt
ich kann Worte finden, durch die alle Trauergäste miteinander den Angehörigen ihr Beileid ausdrücken (statt Händedruck oder Umarmung)
ich kann Möglichkeiten vorschlagen, wie man Menschen miteinbezieht, die nicht dabei sein können und wie man ein Abschiednehmen nachholt, das aufgrund der äußeren Umstände nicht sein konnte oder nicht so sein konnte, wie man es gebraucht hätte.