Ich bin jetzt seit mehr als 17 Jahren Trauerrednerin und habe inzwischen mehr als 2000 Abschiedsfeiern gestaltet. Es macht mir immer noch große Freude. Und es kostet oft auch viel Kraft. Trotzdem kann ich mir keinen schöneren Beruf für mich vorstellen.
Was macht jetzt also einen guten Trauerredner, eine gute Trauerrednerin aus?
Für mich sind gute Trauerredner so etwas wie Spiegel. Sie spiegeln in ihrer Rede das wider, was die Angehörigen ihnen erzählt haben. Sie spiegeln die Gefühle, die Erinnerungen, die Anekdoten. Sie benennen das, was ist, und sie gestalten das Erzählte, mit dem ihnen eigenen Gespür für die Dinge, die man sagen kann, Dinge, die man andeuten kann und Dinge, die man besser unerwähnt lässt. Sie geben den oft ungeordnet herausströmenden Erinnerungen der Angehörigen eine Form. Im besten Falle eine Form, die den verstorbenen Menschen noch einmal greifbar und sichtbar werden lässt.
Trauerredner müssen authentisch sein und sich vor falschem Pathos, pastoralem Duktus und Allgemeinplätzen hüten. Sie haben die Aufgabe, den Abschied von einem Menschen zu gestalten mit den Mitteln, die ihnen zur Verfügung stehen – die Erinnerungen der Angehörigen, das eigene Wissen um Trauer und Tod, symbolische Handlungen wie die Verneigung vor dem Sarg, das Entzünden einer Kerze, ein Moment von Stille, ein besonderes Musikstück und vieles mehr.
Trauerredner brauchen ein offenes Ohr für das Gesagte und das zwischen den Zeilen Verborgene, sie brauchen ein offenes Herz für die Menschen, die sie einen kleinen, aber wichtigen Schritt auf ihrem Trauerweg begleiten.
Sie sind in erster Linie Dienstleister und müssen sich deshalb fragen, was ihre Kunden, die Angehörigen, brauchen und wollen. Sie müssen dabei aber nicht nur die Bedürfnisse der Angehörigen, sondern auch die Bedürfnisse des Verstorbenen und die Bedürfnisse der gesamten Trauergesellschaft im Auge haben.
Sie sind Dienstleister, aber auch mehr als Dienstleister, für mich sind sie Schwellenhüter in einer Zeit, die die Trauerpsychologin Frau Dr. Smeding die „Schleusenzeit“ nennt, die Zeit zwischen dem Eintritt des Todes und der Beerdigung. Im Zusammenspiel mit Bestattungsinstitut und Friedhofspersonal begleiten sie mit ihrer fachlichen Kompetenz die Angehörigen in einer existentiellen Ausnahmesituation. Eine gelingende Abschiednahme ist ein wichtiger Trittstein für den weiteren Trauerweg.
Trauerredner brauchen Herz und Verstand, Mut und Demut.
Und natürlich brauchen sie auch all das, was alle selbständig tätigen Menschen brauchen: ein gutes Zeitmanagement, Organisationstalent, Ahnung von Öffentlichkeitsarbeit, Kalkulation, Buchführung und Steuer. Außerdem brauchen sie ein robustes Auto, gute Nerven, eine gute Stimme und eine stabile Gesundheit.
Was Menschen nach einer von mir gestalteten Trauerfeier an Rückmeldung geben, können Sie hier im Gästebuch lesen.